Herausforderung

Lektionen in Öl

Öl und Ölpreis bestimmen unser Leben.

Wir leben im Zeitalter des Erdöls.

Erdöl dient zur Beheizung oder in Heizkraftwerken zur Erzeugung von Strom. Treibstoffe setzen Motoren in Bewegung. Erdöl findet sich in zahllosen Gütern des täglichen Bedarfs, es ist aus industriellen Prozessen und modernen Haushalten nicht wegzudenken. Erdöl steckt in Behältern und Verschalungen, in Fensterrahmen und Fussbodenbelägen, in synthetischen Fasern wie Nylon, in Wasch- und Reinigungsmitteln, in Medikamenten und Kosmetika und auch in den Schaumstoffen von Polstermöbeln; 60 Liter Erdöl sind in einer Couch verarbeitet. Erdöl macht vieles möglich.

Deshalb ist das Geschäft mit Erdöl einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Deshalb finden sich zahlreiche Ölfirmen unter den grössten und mächtigsten Konzernen der Welt. Deshalb haben Erdöl und Ölpreis einen grossen Einfluss auf die Weltpolitik und die Wirtschaftsentwicklung der Nationen. Deshalb bestimmen Erdöl und Ölpreis die Art und das Ausmass gesellschaftlicher Veränderungen. Deshalb bestimmen Öl und Ölpreis das Leben eines jeden von uns.

Der Ölpreis wird durch den Handel beeinflusst.

Seit den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts findet der Handel mit Rohöl an den beiden internationalen Rohwarenbörsen in New York (Nymex, New York Mercantile Exchange) und London (ICE, International Commodity Exchange) statt. Gehandelt wird jedoch nicht Rohöl, sondern Futures-Kontrakte, rechtlich bindende Verpflichtungen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft eine festgelegte Menge einer Ware zu kaufen oder zu verkaufen. Sinn der Sache ist die Absicherung gegen Preisschwankungen beim Handel mit realem Erdöl.

An diesen Börsenplätzen in New York und London sind Grosshändler, Erdölproduzenten und -raffineure aktiv, aber auch Grossverbraucher wie Fluggesellschaften. Hier wirken alle bisher erwähnten Einflussfaktoren auf den Ölpreis ein. Hier entsteht der Grundpreis für den wichtigsten Rohstoff der Welt, hier wird weit mehr als nur die Entwicklung der Weltwirtschaft beeinflusst – und die Preise ändern sich im Sekundentakt.

Der Handel mit realem Erdöl geschieht in der Regel nicht an den Börsen in New York oder London, sondern erfolgt in der Form privater Geschäfte zwischen Lieferanten und Abnehmern. Diese Geschäfte werden als Termingeschäfte auf sogenannten Spotmärkten abgewickelt, die sich in grossen Ölhäfen wie Houston, Singapur, New York oder am persischen Golf finden. Spotmärkte verfügen die Infrastruktur, um Waren on the spot, auf der Stelle, rasch zu verschieben. Das Erdöl, das in die Schweiz gelangt, wird grösstenteils auf dem Rotterdamer Spotmarkt eingekauft.

Welchen Preis Sie als Schweizer Endkunde schliesslich bezahlen, hängt von weiteren Faktoren ab: von den Kosten für die Öltransporte auf dem Rhein, vom Dollarkurs, von den Kosten für Lagerung und Verteilung im Inland, der lokalen Konkurrenzsituation und nicht zuletzt von der Höhe der staatlichen Abgaben für Brenn- und Treibstoffe.

Der Ölpreis wird durch das Angebot beeinflusst.

Preisbestimmende Faktoren auf der Angebotsseite sind das Volumen der bekannten Ölreserven sowie die Menge des täglich weltweit produzierten Rohöls.

Ein gewichtiger Akteur unter den Anbietern ist die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC). Deren Mitglieder kontrollieren mehr als drei Viertel der Vorräte und fördern rund 40% des Erdöls. Erhöhen oder verringern die OPEC-Staaten ihre Förderquote, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf den Ölpreis.

Aber auch andere Faktoren spielen auf der Angebotsseite eine Rolle, z. B. Unterbrüche in der Förderkette vom Bohrloch bis zum privaten Tank, die verfügbaren Raffinerie-Kapazitäten, die von den wichtigsten Industrienationen gelagerte Menge an Ölvorräten und natürlich die Höhe der jeweiligen Steuern und Abgaben, wie sie von den einzelnen Staaten erhoben werden.

Der Ölpreis wird durch die Nachfrage beeinflusst.

Auf der Nachfrageseite sind es vor allem die Konsumgewohnheiten in den grössten ölverbrauchenden Ländern, die den Ölpreis beeinflussen.

Die Industrienation USA ist mit einem Weltmarktanteil von 25% der grösste Ölverbraucher, gefolgt von China. Würden beide Länder das europäische Konsumverhalten im Umgang mit fossilen Ressourcen pflegen, dann würde der Ölpreis weltweit stark fallen.

Der Ölpreis wird durch die Politik beeinflusst.

Der Ölpreis wird ebenfalls durch politische Einflussnahme auf das lukrative Ölgeschäft bestimmt.

Einige wenige Länder wie etwa Norwegen setzen ihren Ölreichtum langfristig gewinnbringend zum Nutzen der ganzen Bevölkerung ein. Dies ist allerdings nur möglich, wenn die Förderung sich rechnet, das heisst der Ölpreis hoch ist.

In den meisten Fällen wird ein Kampf um das Öl geführt. In diesen Auseinandersetzungen um Reichtum und Macht geht es um materielle Vorteile für Einzelne, für Familienclans, für Bevölkerungs- und Religionsgruppen. Die daraus resultierenden Ungleichheiten führen zu gravierenden gesellschaftlichen Problemen, deren Konsequenzen nicht nur lokal, sondern weltweit spürbar sind.

Der Ölpreis wird durch den Umstand bestimmt, dass Erdöl ein nicht erneuerbarer Rohstoff ist.

Das meiste heute geförderte Erdöl ist aus abgestorbenen Meereskleinstlebewesen entstanden, wobei Algen den Hauptanteil stellten. Dieser Prozess dauerte Jahrmillionen und brachte eine bestimmte Menge an Erdöl hervor.

Mit anderen Worten: Erdöl ist ein Rohstoff und findet sich in Form einer natürlich vorkommenden, begrenzten und nicht erneuerbaren Ressource. Erdöl ist ein unbezahlbares Geschenk.

Unser Zeitalter gründet auf Erdöl. Wir bauen diesen Rohstoff ab, wir handeln damit, wir verbrauchen ihn. Der Vorrat schwindet, das Angebot wird abnehmen, die Nachfrage wird zunehmen, die Preise werden steigen. Erdöl ist kein preisloses Geschenk.

Erdöl wird es immer geben.

Erdöl muss teuer sein, da die Öltechnologie und die Erschliessung neuer Quellen äusserst kostspielig sind: Die Produzenten können die notwendigen Investitionen nur dann aufbringen, wenn der Ölpreis hoch ist. Gleichzeitig muss Erdöl billig sein, damit die Konsumenten sich den Kauf leisten können. Der Handel schliesslich ist auf eine gewisse Balance bei der Preisentwicklung angewiesen, denn ein Händler muss sowohl kaufen als auch verkaufen können.

Davon unberührt bleibt die Tatsache, dass Erdöl als natürliche und nicht erneuerbare Ressource durch Verbrauch mit der Zeit immer knapper und dadurch immer teurer werden wird. Die Kosten für Produzenten und Konsumenten werden in unerschwingliche Höhen steigen. Die Händler werden mangels Angebot und Nachfrage ihre Läden schliessen und Machtpolitiker sich andere Tummelfelder suchen müssen. Niemand wird sich Öl mehr leisten können.

Erdöl wird es immer geben, da es eines Tages schlicht unbezahlbar sein wird. Uns wird das Erdöl «ausgehen», weil es als natürliche und nicht erneuerbare Ressource immer schon unbezahlbar war.

Das ist die Herausforderung und gefordert sind wir alle.

Hauptquelle: Erdöl – Preisbildung auf dem Ölmarkt. Aus: Die Welt des Erdöls – eine Schriftenreihe der Erdölvereinigung. Herausgeber Erdöl-Vereinigung, Zürich. 1. Auflage 2005.
www.erdoel.ch

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